Was noch kommt und was Sie verpasst haben:
18. November: Renaissance und Merkantilismus
Seit die Sophisten um 450 v. d. Z. die Tugendlehre gegen die Naturphilosophie dogmatisch verselbständigt haben, ist die Philosophie als praktische Philosophie begründet durch die aufklärende Kritik dieses sozialen Dogmatismus und das praktische Interesse, eine vernünftige Gesellschaft zu verwirklichen.
Sokrates zuerst, dann vor allem Platon, haben die dialektische Vernunft-Aufklärung entwickelt als den Weg zur vernünftigen Polis. In der Antike scheint diese Polis indes nur in einer Annäherung gegeben, die unerreichbar ist: die „menschliche Weisheit“ könne zur göttlichen nicht aufsteigen. Platons Philosophen-Staat bleibt bei dieser Annäherung stehen.
In der Renaissance (um 1420/1520), in der Platons Dialektik überliefert und in der Platonischen Akademie von Florenz studiert wird, entsteht ein welthistorischer Anspruch: Der Mensch könne philosophisch die göttliche Weisheit erkennen, er könne biblisch zu Gottes Ebenbild aufsteigen, Gottes Schöpfung erkennen und sich selbst sowie seine Welt erschaffen. Thomas Morus entdeckt 1515/16 das Land Utopia – auf Erden. Aber diese Utopie wird nicht verwirklicht durch den Umsturz der herrschenden Verhältnisse; Utopia liegt jenseits des Bestehenden. So ist die Renaissance eine Epoche, die alle Bereiche revolutioniert, aber ohne eine gesellschaftliche, bürgerliche Revolution ist. Der zeitgenössische Kaufmanns-Kapitalismus wird religiös verworfen.
Die erste bürgerliche Revolution ist der Befreiungskampf der Niederlande gegen Spanien. Dieser Kampf findet statt unter dem übergreifenden Dach des Reiches der Habsburger zwischen zwei Regionen, die vor allem aufgrund der spanischen Eroberungen und der Ausbeutung der Schätze Amerikas zwei gegensätzliche Entwicklungen nehmen. In Spanien wird jeder ökonomische bürgerliche Fortschritt durch den Absolutismus und die Inquisition unterdrückt; die Niederlande entwickeln sich zum führenden Land des Handelskapitalismus (Merkantilismus), legitimiert durch den Humanismus, den Calvinismus und das entstehende Naturrecht.
Von hier führt ein Weg zu den englischen Revolutionen von 1640/49 und 1688/89, zur amerikanischen Revolution von 1776 und zur französischen Revolution von 1789.
Referent: Prof. Dr. Gerhard Stapelfeldt lehrte von 1979 bis 2009 am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.
Anmeldeschluss: Freitag, 10. November 2017
Seminarbeginn: Samstag 18. November 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 18. November 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
16. November: ZeitGenössischer Antisemitismus
Linker Antisemitismus ist schwer zu erkennen, da er sich nicht in Nazi-Uniform kleidet, sich nicht offen hasserfüllt gegen Jüdinnen und Juden richtet. Diese Form des Antisemitismus wird in demokratischen Räumen häufig toleriert. Bei Gewerkschaften, Kirchen, linken oder liberalen politischen Stelldichein, bei bürgerlichen Talk-Runden oder in Seminaren radikaler Intellektueller sowie unter Genossinnen und Genossen ist linker Antisemitismus durchaus anzutreffen.
David Hirsh beschreibt in seinem Vortrag, wie sich Kritik an israelischer Politik in Antisemitismus wandelt und wie sich die Kämpfe um die Definition von Antisemitismus aktuell darstellen. Es geht auch darum, wie diejenigen, die Antisemitismus heute als antisemitisch entlarven und kritisieren, inzwischen angegangen werden - sie sollen schweigen.
Israel-Feindlichkeit ist, so Hirshs Befund, geradezu Ausweis und identitätstiftender Marker einer oppositionellen Haltung zu Neoliberalismus und globalem Kapitalismus geworden. Die "Gemeinschaft der Guten" kultiviere damit ein hochproblematisches Bild von der Mehrheit der Jüdinnen und Juden.
Der Vortrag, mit dem Hirsh derzeit unterwegs ist, findet in englischer Sprache statt. Aktuell ist keine Übersetzung vorgesehen.
Referent:
David Hirsh ist Lehrbeauftragter für Soziologie am Goldsmiths College, London, Mitglied der Labour Party und des Jewish Labour Movements sowie Gründer von "Engage", einer Kampagne gegen den akademischen Israelboykott. In seinem 2017 bei Routledge erschienen Buch "Contemporary Left Antisemitism" beleuchtet er aktuelle Debatten über den Zusammenhang von Antizionismus und Antisemitismus.
Beginn: Donnerstag 16. November 2017, 19:30 Uhr
Veranstaltungsort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Veranstalter: DGB Bildungswerk Bayern in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft AG München
Eintritt: kostenlos
Die Veranstaltenden behalten sich vor, Personen, die in der Vergangenheit rassistisch, antisemitisch oder menschenfeindlich in Erscheinung getreten sind oder rassistischen, antisemitischen oder menschenfeindlichen Organisationen angehören, den Eintritt zur Veranstaltung zu verwehren.
28. Oktober: Die Volksgemeinschaft der Deutschen
Rechtsextreme Kreise von der AfD über die „Identitären“ und Pegida bis zu Neonazi-Zirkeln kämpfen in Tat und Propaganda gegen eine demokratische gesellschaftliche Ordnung. Um in dieser Auseinandersetzung besser gewappnet zu sein, soll es im Seminar um politische Strategien, ideologische Dogmen und Wurzeln der langen und verhängnisvollen Geschichte des antirepublikanischen Rechtsextremismus in Deutschland gehen. Im Begriff und der Geschichte der deutschen Volksgemeinschaft bündelt sich deren Agenda seit der vorletzten Jahrhundert-wende. Volksgemeinschaft bedeutet den autoritären Zusammenschluss eines willkürlich definierten Deutschtums gegen ein politisch Anderes, bedeutet Inklusion durch Exklusion.
Ihren grausamen Höhepunkt fand die deutsche Volksgemeinschaft unter der NS-Diktatur. Diese Volksgemeinschaft war nicht nur Mythos und Vision, wie in der Geschichtswissenschaft lange angenommen, sondern auch soziale Realität. Die massen-hafte Zustimmung der Volksgenossinnen und Volksgenossen war nicht nur gestellte Illusion und Propaganda, sondern handfeste Tat. Viele Deutsche nahmen die Rede von der Volksgemeinschaft ernst und betrachteten sie als Erlösung von gesellschaftlichen und sozialen Widersprüchen.
Die deutsche Volksgemeinschaft war keine Erfindung Hitlers und seiner Propaganda-apparate. Vorstellungen von einer klassen-harmonisierenden Einheit der deutschen Nation jenseits der Widersprüche einer kapitalistischen Klassengesellschaft und jenseits eines anstrengenden politischen Ringens um demokratische Mehrheiten bei Anerkennung und Würdigung des Anderen waren in unterschiedlichen Ausprägungen tief im deutschen Volk und seinen politischen Parteien – bis in die Sozialdemokratie hinein – verankert.
Die politischen Bilder einer Volks-gemeinschaft der Deutschen wirkten über die NS-Zeit hinaus lange in der Bundesrepublik fort und prägten die Adenauer-Ära, verschwammen in den politischen Eman-zipationsbewegungen seit den 1968er Jahren. Aktuell scheinen sie aber wieder Konturen zu bekommen.
Referent:
Dr. Peter Schyga, Freiberuflich tätig als Historiker und Publizist mit dem Büro KLIOpes in Hannover und als Referent des Vereins Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover
Anmeldeschluss: Freitag, 20. Oktober 2017
Seminarbeginn: Samstag 28. Oktober 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 28. Oktober 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
21. Oktober: Zur Lage und Politik der Europäischen Union
In den EU-Ländern regieren patriotische Europäer. Der Grundwiderspruch der die EU bildenden Nationen seit deren ersten Anfängen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts besteht darin, einerseits als Projekt von Nationalstaaten mittels der EU weltweite Geltung vor allem gegenüber den USA zu erlangen, andererseits aber die nationale Souveränität nicht aufgeben zu wollen. Dies gilt nicht nur für die Eliten, sondern auch für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerungen, die auf ihrem gewohnten Patriotismus beharren.
Nun hat die Krise eine Vorstellung bekanntlich gründlich blamiert: die Vorstellung nämlich, dass alle beteiligten Nationen, vor allem die, die sich dem einheitlichen Geld namens Euro angeschlossen haben, in gleicher Weise erfolgreich sind. Stattdessen haben wir es mit einer Scheidung der beteiligten Nationen in Gewinner und Verlierer zu tun. Dies führt in den Bevölkerungen der einzelnen Länder, und zwar nicht nur den der Gewinner, sondern auch den der Verlierer, die sich harte Verarmungsprogramme aufdrücken lassen und Eingriffe in ihre nationale Fiskalpolitik hinnehmen mussten, zu erheblichem Unmut und den entsprechenden nationalistischen Reaktionen. Viele empfinden die EU und ihre Krisenpolitik als eine einzige Zumutung.
Hinzu kommen weltweite Fluchtbewegungen mit gewissen Konsequenzen auch für Europa. Auch bei diesem Thema definieren die einzelnen Länder ihre Interessen ganz unterschiedlich, ja sogar in teils konfrontativer Weise gegensätzlich. Wie schon in der Krisenpolitik auf ökonomischem Gebiet tun sich in der Frage Flucht und Migration tiefe Gräben auf, nicht zuletzt zwischen der Bundesrepublik, die mit klaren Ansprüchen an die anderen Nationen herantritt, und Ländern, die ihr nationales Interesse gänzlich anders als Deutschland definieren und bilanzieren.
Diese Gesamtlage wird noch berührt von einer US-Präsidentschaft, die ihrerseits dabei ist, die eigenen nationalen Interessen neu zu definieren und die Beziehungen zur Welt neu zu ordnen.
Referent:
Frank Lamers, Freier Journalist
Anmeldeschluss: Freitag, 13. Oktober 2017
Seminarbeginn: Samstag 21. Oktober 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 21. Oktober 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
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